7. AIRlabs Austria Expert:innengespräch zu SAIL III: Austausch auf europäischer Ebene
By Yvonne Gerster
29. Juli 2025
Lebensretter aus der Luft: Warum SAIL III der Schlüssel für medizinische
Drohneneinsätze ist
Ob Transport von Blutkonserven, Medikamenten oder Laborproben mit hoher Dringlichkeit – Medical Drone-Einsätze gelten als Paradebeispiel für hochkomplexe BVLOS-Operationen über urbanem Raum. Solche Missionen sind ohne eine SAIL III-Genehmigung undenkbar: Das Fliegen im urbanen Raum erfordert nicht nur ein robustes Betriebskonzept, sondern auch maßgeschneiderte technische und organisatorische Minderungsmaßnahmen. Der Weg zur Genehmigung ist aufwendig – in Europa haben bislang nur wenige Unternehmen diese Herausforderung angenommen und erfolgreich gemeistert. SAIL III bleibt damit ein anspruchsvolles Feld, das Pioniergeist, enge Zusammenarbeit mit Behörden und tiefes regulatorisches Know-how voraussetzt.
SAIL III steht für „Specific Assurance and Integrity Level“ und betrifft Drohnenoperationen in der Kategorie SPECIFIC mit erhöhtem Risiko. Grundlage ist der SORA-Prozess (Specific Operations Risk Assessment), insbesondere die Risikoanalyse, bei der unter anderem Boden- und Luftrisiken bewertet und das SAIL-Level festgelegt wird: Je höher dieses Level, desto komplexer die Operation. SAIL III umfasst beispielsweise BVLOS-Flüge über urbanem Raum und dicht besiedelten Gebieten und stellt hohe Anforderungen aufgrund des besonders komplexen Risikoprofils an Betreiber:innen und Behörden. In Europa gibt es bislang nur wenige Genehmigungen, da jede Operation individuell bewertet wird und maßgeschneiderte Minderungsmaßnahmen erfordert. Nach Umsetzung dieser Maßnahmen ist eine betriebliche Genehmigung erforderlich, die umfassende Sicherheitsnachweise verlangt.
Internationale Best Practices: SAIL III-Genehmigungen im Fokus
Genau diese Herausforderungen, Best Practices und Erfahrungen standen beim siebten Expert:innengespräch von AIRlabs Austria im Fokus. Dabei wurden wortwörtlich Grenzen überflogen: Internationale Vertreter:innen der UAS-Community landeten in Wien, um sich dem Schwerpunktthema SAIL III Operational Framework and Practical Implementation zu widmen. Gäste aus mehreren europäischen Ländern folgten der Einladung und trugen zu einem intensiven Fachaustausch bei.
Mit einleitenden und richtungsweisenden Worten betonte Holger Friehmelt die Bedeutung von Fachgesprächen dieser Art für den internationalen Kontext und eröffnete damit die Veranstaltung. Anschließend gaben Vertreter:innen der irischen Luftfahrtbehörde, spannende Einblicke in die regulatorischen Genehmigungsprozesse in Irland. Sie betonten Erfolgsfaktoren bei der Antragstellung und teilten ihre praktischen Erfahrungen aus behördlicher Sicht mit den Genehmigungsprozessen für SAIL III-Operationen. Dabei ging es unter anderem um den Aufbau eines Safety Management Systems (SMS) nach ICAO Annex 19 – Inhalte, die sich auch in AMC1 – UAS.LUC.030 finden, wenn auch in anderer Struktur. Obwohl ein SMS bei SAIL III gemäß dem Proportionalitätsprinzip nicht zwingend vorgeschrieben ist, legt die irische Behörde großen Wert auf dessen Implementierung – abhängig von Größe und Komplexität der Organisation.
Die Präsentation führte zu zahlreichen Rückfragen und einem inspirierenden sowie fachlich fundierten Austausch. Besonders hervorzuheben war der Beitrag eines Vertreters der Firma Schiebel Elektronische Geräte GmbH: Als Inhaber der ersten und bisher einzigen LUC (Light UAS Operator Certificate) in Österreich brachte er wertvolle Praxiseindrücke aus den Vorbereitungs- und Genehmigungsprozessen ein. Das LUC-Zertifikat ist bei SAIL IV-Operationen verpflichtend – ein Umstand, der durch OSO#01 HIGH geregelt ist und auch in der kommenden SORA-Version 2.5 weiterhin Gültigkeit behält. Er schilderte dabei auch die besondere Herausforderung, innerhalb eines klar definierten regulatorischen Rahmens innovative Lösungen zu entwickeln und den Blick über den Tellerrand zu wagen.
Ein weiterer Schwerpunkt des Expert:innengesprächs war die Präsentation eines Vertreters von Morpheus Logistics, einem deutschen Unternehmen, welches auf Logistiklösungen mit Drohneneinsatz spezialisiert ist und bereits umfassende Erfahrungen mit SAIL III-Operationen gesammelt hat. Er schilderte die Umsetzung solcher Operationen aus Betreiber:innen-Perspektive und ermöglichte damit wertvolle Einblicke in die praktische Umsetzung – eine wichtige Ergänzung zu den zuvor dargestellten behördlichen und LUC-basierten Erfahrungsberichten.
Seine Schilderungen aus dem realen Betrieb machten die Herausforderungen ebenso wie Lösungsansätze greifbar und trugen zu einem regen Austausch bei, der sogar den geplanten Zeitrahmen sprengte – das große Interesse und die lebhaften Diskussionen unterstrichen den Wunsch, das Thema noch weiter zu vertiefen.
Ausblick: Gemeinsame Verantwortung für die Zukunft von SAIL III
Kristóf Gombás, technischer Projektleiter AIRlabs Austria, fasste die Kernaussage des Tages treffend zusammen: „Obwohl in Europa bereits erste Genehmigungen für SAIL III-Operationen erteilt wurden, steckt dieser Bereich noch in den Kinderschuhen. Der Weg zur Genehmigung bleibt komplex – und es braucht engagierte Unternehmen, die gemeinsam mit Behörden den Weg bereiten.“ Auffallend war zudem, dass für bestimmte Operationen – etwa beim Transport von Gefahrgut – zusätzliche Kenntnisse oder Ausbildungen erforderlich sein können. Dies sollte bei zukünftigen Genehmigungsprozessen stärker berücksichtigt werden.
In diesem Zusammenhang betonte Tom Bruchmann, technischer Projektleiter AIRlabs Austria, noch einmal die Bedeutung des kontinuierlichen Dialogs: „Identifiziert wurde, dass es notwendig ist, aus Österreich heraus Diskussionen zwischen Industriegruppen und der EASA voranzutreiben. Um als Industrie und als Regulatoren/Behörden zu wachsen, ist dieser Austausch essenziell.“ Damit wurde klar herausgestellt, dass Österreich hier eine aktive Rolle einnehmen muss, um die Entwicklungen auf europäischer Ebene mitzugestalten.
Zum Abschluss hielt Holger Friehmelt, technisch-wissenschaftlicher Direktor AIRlabs Austria, fest: „Dieses internationale Engagement ist großartig. Solche Fachgespräche sind von immenser Bedeutung – nicht nur für AIRlabs, sondern für die gesamte Drohnenbranche.“
Ein großer Dank geht an alle Teilnehmenden für ihre engagierten Beiträge und den fachlichen Austausch – und ganz besonders an die Austro Control GmbH, die durch ihre Expertise und Organisation maßgeblich zum Erfolg der Veranstaltung beitrug.

