By Yvonne Gerster
28. Januar 2025

Die Drohnen-Logistik steht an der Schwelle zur Revolutionierung des Logistiksektors. Während der europäische Markt für Drohnen-Technologien bis 2050 auf ein Volumen von rund 600 Milliarden Euro wachsen soll, birgt insbesondere der Logistikbereich ein enormes Potenzial. UAVs können Lieferketten effizienter und nachhaltiger gestalten, schwer zugängliche Regionen versorgen und gleichzeitig Emissionen signifikant reduzieren. Doch trotz der positiven Entwicklungen in diesem Bereich müssen umfassende Herausforderungen bewältigt werden – sowohl technischer, regulatorischer als auch ökonomischer und ökologischer Natur. Diese erfordern nicht nur innovative technische Lösungen, sondern auch Mut und Überzeugung, um neue Anwendungsfelder zu erschließen und langfristig erfolgreich zu sein.

Am 16. Dezember 2024 erzielte ein Kamingespräch mit hochrangigen Expert:innen aus dem In- und Ausland in diesem Bereich spannende Einblicke in die Fortschritte und Herausforderungen der UAV-Logistik. Veranstaltet wurde das Event von AIRlabs Austria, wobei Dr. Ing. Holger Friehmelt, Institutsleiter für Luftfahrt an der FH Joanneum und technischer Direktor von AIRlabs Austria, die Einleitung übernahm. Ein besonderes Highlight war die Vorstellung des Projekts „Marktschwalbe“, das beispielhaft zeigt, wie innovative Drohnenanwendungen die Nahversorgung in ländlichen Regionen verbessern können.

Einblicke in das Projekt „Marktschwalbe“

Die „Marktschwalbe“ ist ein Drohnen-Lieferservice, der in Wusterhausen/Dosse im Rahmen des Innovationsprojekts „Stadt-Land-Drohne“ gestartet wurde. Ziel ist es, den Zugang zu Waren des täglichen Bedarfs in abgelegenen Gebieten zu erleichtern und gleichzeitig den lokalen Einzelhandel zu stärken.

Da es sich hierbei um ein Pilotprojekt handelt, wurde der Bedarf vorab in enger Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung sowie den Gemeinden analysiert. Der eigentliche Lieferservice bleibt aufgrund der Finanzierung durch öffentliche Fördermittel in der Pilotphase kostenfrei. Zur Sicherstellung eines reibungslosen Testbetriebs bezahlen Kund:innen aktuell lediglich die Preise für die bestellten Produkte. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit dieses Modells wird nach Abschluss des Projekts im Frühjahr 2025 maßgeblich durch die weitere Entwicklung und die Akzeptanz beeinflusst.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein umfassendes Konzept entwickelt, das die technische Machbarkeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen und die gesellschaftliche Akzeptanz gleichermaßen berücksichtigt. Technisch basiert das Projekt auf Drohnensystemen mit spezifischen Anforderungen:

  • Technische Voraussetzungen: Die Drohnen mussten eine Reichweite von bis zu 22 km für Hin- und Rückflüge bewältigen, eine Nutzlast von mindestens 5 kg transportieren können und über redundante Systeme wie Notlandungsfunktionen verfügen. Zudem waren eine wetterfeste Konstruktion sowie Datenschnittstellen für eine BVLOS-Operation (Beyond Visual Line of Sight) essenziell.
  • Infrastruktur: Für sichere Starts und Landungen wurden eigens eingezäunte Landeplätze mit Stromversorgung, Internetzugang und Überwachungskameras eingerichtet.

Die Planung des Projekts erfolgte in enger Zusammenarbeit mit lokalen Stakeholdern, darunter Gemeindevertreter:innen und Bürger:innen. In ko-kreativen Workshops wurden Flugrouten definiert, Landeplätze festgelegt und potenzielle Bedenken adressiert. Diese partizipative Herangehensweise war entscheidend, um die Akzeptanz des Projekts in der Bevölkerung zu fördern.

Diskussion: Erkenntnisse, Herausforderungen und Potenziale

Das Projekt „Marktschwalbe“ hat eindrucksvoll gezeigt, dass die Integration von Drohnen in die Nahversorgung zahlreiche Vorteile bietet. Gleichzeitig wurden wichtige Herausforderungen identifiziert, die auf die Drohnenlogistik insgesamt übertragen wurden.

Die Wirtschaftlichkeit stellt eine zentrale Hürde dar, da die derzeitigen Anschaffungs- und Betriebskosten hoch sind. Für eine langfristige Rentabilität müssen entweder die Kosten reduziert oder alternative Einnahmemodelle, wie Querfinanzierungen oder die gleichzeitige Überwachung mehrerer Drohnen, implementiert werden. Ein weiteres wichtiges Element ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Während Drohnen in ländlichen Regionen mit schlechten Versorgungsstrukturen häufig positiv aufgenommen werden, bestehen in urbanen Gebieten Bedenken bezüglich Privatsphäre und Lärm.

Die gesamte Logistikkette spielt eine entscheidende Rolle für die Nachhaltigkeit und den ökologischen Mehrwert. Dazu gehören die Produktion, die Transportmittel entlang der Lieferkette und die letzte Meile bis zu den Endkund:innen. Der Einsatz emissionsarmer Alternativen ermöglicht erhebliche Einsparungen und trägt nachhaltig zur Schonung von Ressourcen bei. Im Gegensatz dazu können ineffiziente Prozesse oder energieintensive Fahrzeuge in der letzten Meile die Vorteile wieder zunichtemachen.

Die Einsatzbereiche der Drohnenlogistik sind besonders vielversprechend im zeitkritischen Bereich, wie z. B. bei der Lieferung medizinischer Produkte. Solche Anwendungen schaffen einen direkten gesellschaftlichen Nutzen und stärken das Vertrauen in die Technologie.

Neben diesen Punkten bleiben auch regulatorische Anforderungen eine Herausforderung. Die Einhaltung von Sicherheitsabständen, die Genehmigung von Flugrouten und die Erstellung eines Betriebshandbuchs erfordern erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand, sind jedoch essenziell, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten.

Trotz dieser Herausforderungen besitzt die Drohnenlogistik ein enormes Potenzial. Sie bietet die Möglichkeit, den Güterverkehr effizienter zu gestalten, den Konsum regionaler Produkte zu fördern und die Nahversorgung in schwer zugänglichen Gebieten nachhaltig zu verbessern. Insbesondere in strukturschwachen Regionen könnten Drohnen eine flexible und schnelle Alternative zu herkömmlichen Logistiklösungen darstellen.

Allerdings steht die Technologie noch am Anfang ihrer Entwicklung. Insbesondere im B2C-Bereich ist der Marktanteil von Drohnenlieferungen bisher gering. Dennoch deutet vieles darauf hin, dass die fortschreitende Automatisierung und die Verbesserung der Technologien die Einsatzmöglichkeiten erweitern werden. Mit steigender gesellschaftlicher Akzeptanz und weiteren technologischen Fortschritten könnten Drohnen in Zukunft eine feste Rolle in der Logistik einnehmen.

Fazit

Das Projekt „Marktschwalbe“ verdeutlicht, wie Drohnen innovative Lösungen für die Nahversorgung bieten können, insbesondere in ländlichen Gebieten. Gleichzeitig zeigt es auf, welche Hürden – wirtschaftlich, technisch und gesellschaftlich – noch überwunden werden müssen, um Drohnenlogistik langfristig erfolgreich zu machen. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt liefern wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung der Technologie und die Gestaltung zukünftiger Anwendungsfälle.

AIRlabs Austria wird diese Entwicklungen weiterhin beobachten und durch seine Testinfrastruktur, gemeinsam mit Partner:innen, aktiv zur Erforschung und Optimierung von Drohnenlogistik beitragen.

Bildausschnitt 1 ©Sven Jürß, Dronegy (Marktschwalbe)
Bildausschnitt 2 ©Sven Jürß, Dronegy (Marktschwalbe)
Bildausschnitt 3 ©AIRlabs Austria GmbH
Bildausschnitt 4 ©Tobias Biehle, Luftlabor (Marktschwalbe)

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